Virgin de Guadalupe: 
Glaube und Hoffnung in den Straßen von Comas

Comas, ein Bezirk im Norden Limas, gehört zu den gefährlichsten Vierteln Perus. Kriminalität, Armut und soziale Ungleichheit prägen den Alltag der Bewohner. Doch einmal im Jahr, am 12. Dezember, wandelt sich die Atmosphäre in den Straßen. Mit dem Fest zu Ehren der Jungfrau von Guadalupe erleben die Straßen Comas eine Transformation: Aus einem Ort der Unsicherheit wird ein Symbol für Gemeinschaft, Hoffnung und den tief verwurzelten Glauben der peruanischen Bevölkerung.

Ein gefährliches Viertel mit tiefen Wurzeln

Comas hat den Ruf, eines der sozial und wirtschaftlich benachteiligten Viertel der Hauptstadt Lima zu sein. Drogenhandel, bewaffnete Raubüberfälle und Bandenkriminalität sind in diesem Bezirk allgegenwärtig. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, viele Familien kämpfen täglich ums Überleben. Dennoch ist Comas auch ein Ort, an dem Traditionen und der katholische Glauben eine zentrale Rolle spielen. Für viele Bewohner ist die Jungfrau von Guadalupe nicht nur eine religiöse Figur, sondern ein Symbol für Hoffnung und Widerstandsfähigkeit.

Die Feierlichkeiten: Glaube inmitten von Chaos

Die Prozession der Jungfrau von Guadalupe ist das Herzstück des Festes. Eine riesige Statue der Jungfrau, geschmückt mit Blumen und Lichtern, wird von Gläubigen durch die Straßen getragen. Die Menschen singen Hymnen, entzünden Kerzen und beten für Schutz und bessere Zeiten. Häuser werden gesegnet, und es ist Tradition, dass jede Familie eine kleine Opfergabe bringt, um ihren Glauben zu zeigen.

Trotz der angespannten Sicherheitslage fühlen sich viele Bewohner während des Festes sicherer. Für einen Moment stehen nicht Kriminalität und Gewalt im Mittelpunkt, sondern der Glaube, der die Menschen zusammenführt.

Die Bedeutung der Jungfrau von Guadalupe

Die Jungfrau von Guadalupe, die Schutzpatronin Mexikos und eine der wichtigsten Figuren der katholischen Kirche, hat ihren Weg nach Peru gefunden und tiefen Anklang bei den Gläubigen gefunden. Ihr Bildnis symbolisiert die Verbindung zwischen indigenen Traditionen und katholischem Glauben. In Comas verkörpert sie die Hoffnung, dass auch in einem Viertel voller Herausforderungen Frieden und Gemeinschaft möglich sind.

Die Feierlichkeiten sind nicht nur ein Ausdruck religiöser Hingabe, sondern auch ein Ventil für die Bewohner, um ihre Sorgen und Ängste loszulassen. Viele beten nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihre Familien, Nachbarn und die Zukunft ihrer Kinder. In einem Viertel, das oft von der Regierung vernachlässigt wird, ist die Jungfrau von Guadalupe zu einem zentralen Element der Identität geworden.

Ein Fest mit Licht und Schatten

Trotz der positiven Botschaft bleibt das Fest nicht frei von Kontroversen. Die hohen Kosten für Dekorationen und Feierlichkeiten stehen oft im Kontrast zur wirtschaftlichen Realität der Bewohner. Viele Familien verschulden sich, um ihren Beitrag zur Prozession zu leisten. Zudem kommt es in den Tagen rund um das Fest trotz verstärkter Polizeipräsenz immer wieder zu Diebstählen und Auseinandersetzungen. Doch während ich das Fest besuchte, wurde klar, dass auch dieser Tag, der eigentlich Hoffnung und Frieden bringen sollte, von der Realität des Viertels eingeholt wurde. Es kam zu Gewalttaten und Auseinandersetzung zwischen Bewohnern. 

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Rolle der katholischen Kirche. Während sie eine wichtige moralische Stütze für die Gemeinde bietet, wird sie auch dafür kritisiert, zu wenig gegen die strukturellen Probleme wie Armut und Kriminalität zu unternehmen.

Ein Tag des Glaubens, der Hoffnung und der Gemeinschaft

Die Feierlichkeiten zu Ehren der Jungfrau von Guadalupe zeigen, wie stark der Glaube auch in den schwierigsten Lebenssituationen sein kann. In den Straßen von Comas, einem der gefährlichsten Orte Perus, schafft das Fest einen Raum für Gemeinschaft und Solidarität. Es erinnert daran, dass selbst inmitten von Armut und Unsicherheit Hoffnung aufblühen kann – ein Hoffnungsschimmer, der für viele die Stärke ihrer Gemeinschaft symbolisiert.

Doch der Glaube allein kann die Probleme von Comas nicht lösen. Ohne strukturelle Veränderungen und nachhaltige Investitionen in Bildung, Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung bleibt der Bezirk ein Ort, der auf den Schutz der Jungfrau angewiesen ist. Bis dahin bleibt die Prozession ein Beweis für die unerschütterliche Stärke der Menschen, die in Comas leben und hoffen – auf bessere Zeiten und auf ein Leben, das mehr zu bieten hat als den täglichen Überlebenskampf.

“Das Hauptwerk Pferdetanz und das Foto, das ich an diesem Ort geschossen habe, fangen die Essenz meines Projekts perfekt ein. Ein wunderschöner Moment inmitten eines wirklich, wirklich hässlichen Ortes. Genau darum geht es bei Ugly Has a Beautiful Face: Die Verbindung von Problem und Schönheit, die Gegensätze und die unerwartete Ästhetik in den dunkelsten Ecken der Welt sichtbar zu machen.”